Friedrich Mayer
Reiseskizzen aus Deutschland, Dänemark und Schweden.
Nürnberg 1835: Schneider und Weigel
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Das Bummeln ist als altes deutsches Wort tendenziell eher im Niederdeutschen zu finden mit den Bedeutungen von lärmendem Bimmeln wie eine Kuhglocke, schwingend wie eine Bommel, hängend und schwebend (`baumelnd´) und geht dann erst über auf das Schlendern als ein gemächliches und zielloses Hin und Her.
Erst im 19. Jahrhundert beschreibt es Menschen, die `bummeln´: den Bummler als ein neues Phänomen zwischen dem Flaneur und dem Vagabunden, und als lebenslustiges Stereotyp im sozialen Zwischenraum bürgerliche Werte infragestellend:
Helmuth, H.
Beringer, Fritz
, W. Fähndrich
O welche Lust, zu bummeln So arglos durch die Welt, Vorzüglich wenn im Beutel Dazu noch etwas Geld. Warum soll man nicht bummeln, Hier auf der Lebensbahn? Geht nicht mit manchem Beispiel Die Schöpfung uns voran? "Der Bummler", ein Gedicht Der Anecdotenjäger: Zeitschrift für das lustige Deutschland, 6 (1850) 194
Aus bürgerlicher Sicht stellt sich das 1835 anders dar: »Müßiggang und Schlemmerei, weniger unverschuldetes Unglück, haben viel Armuth nach Halle gebracht, und um dieses recht augenscheinlich zu haben, darf man nur nach dem großen Markte gehen, und dort die sogenannten Bummler an den beiden ehernen Löwen … lehnen sehen, wie sie mit eckligem Heißhunger eine saure „Jurke“ verzehren, oder eine spekulative Betteljagd auf einen Fremden machen.« 1)
Die Studentensprache latiniserte ihn zum Bummelanten und damit zum sympathischen Vorbild des gepflegten Nichtstuns, der anderen jedoch eher als Taugenichts erscheint:
»Ich seh' ihn noch, die liebe Seele,
Wie er, ein flotter Bummelant,
Mit heiserm Ruf aus heisrer Kehle
Zu lenken jedes Herz verstand;
Wie hier, die Ärmel aufgestreift,
Er einen angetrunknen Zecher,
Betrunken selbst, nach Haus geschleift,
Und wieder rückgekehrt zum Becher;« 2)
»Der reisende Naturforscher, selbst wenn er unter österreichischer Flagge auf der Novara segelt, ist am Ende doch nichts weiter, als ein reisender Bummler, der sich glücklich schätzen muss, wenn hier und da in einem Seehafen einige Soldaten, Lastträger, Matrosen oder nichtsnutzige Weibsbilder sich ihm zur Verfügung stellen, oder wenn einige Häutlinge gestatten, sich photographieren zu lassen.« 3)
Während aber der bürgerliche Flaneur sich solch einen Lebensstil leisten konnte, war der Bummler (lat. homo iners) zunächst ein arbeitsloser Proletarier, der sich auf den Straßen herumtrieb, dann ein Müßiggänger, der die Arbeit scheute, ein träger Mensch, ein Faulpelz und Trödler, zuletzt ein Herumtreiber und Vagabund.
Seit etwa 1870 gab es dann auch Schlachtenbummler im wörtlichen Sinne als jemand, den Neugier, Nervenkitzel oder Abenteuerlust als Zuschauer an Kriegsschauplätze zieht, auch als Krankenpfleger oder Berichterstatter.
Koster, Friedrich
»… meist junge Leute mit blassen, welken, abgelebten Gesichtern, mit Hüten, denen man es ansieht, daß sie schon mehrmals den in Berlin beim Plebs so beliebten und für Jeden, außer dem unmittelbar Betroffenen, so belustigenden Spiel des Hutantreibens bis auf die Nase gedient haben, und mit Geh: oder Leibröcken, deren ursprünglich eleganter Schnitt durch das oft nicht ganz erfolgreiche Bemühen verzogen worden ist, den Mangel an reiner Wäsche zu verdecken; verkommene Subjecte aus guter Familie, die bei lässiger Erziehung die Bahn des Müßiggangs betreten haben und nicht selten am Anfange der Verbrecherbahn stehen.« 4)
Walther Bensemann
Äußerlich werden Bummler und Touristen schon mal verwechselt 5) Erdenbummler Bummelzug
»Trotz alledem aber blieb ich ein Bummler, der einen unstillbaren Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit hatte, un den es mit Macht hinauszog, in die Welt, in die Fremde, in's Leben! S. 13 Aus dunklen Tagen von Pietro Mascagni Dirnböck, 1893
Diese pflegen, so lange es die Jahreszeit irgend erlaubt, ihr Nachtquartier in der Umgegend der Stadt zu nehmen, in der Hasen- oder Köpnikerhaide, im Thiergarten, auf den Feldmarken nach ihrer Sprache bei Mutter Grün“. Ein Gespräch über solche Leute, in das ich mit meinen Bekannten gerieth, führte nun eben zu einer Wette. Ich habe mich anheischig gemacht, unter der Larve eines Bummlers drei Nächte im Freien zu kampiren. Harun al Raschid in Berlin, in: Volkserzählungen und Schilderungen aus dem Berliner Volksleben, Band 1 von Ferdinand Schmidt u.a. S. 33 ff.
Bummler in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. „Bummler, m“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm / Neubearbeitung (A-F), digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB2?lemid=B06016>, abgerufen am 20.06.2022.
„bummeln“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=B12935>, abgerufen am 20.06.2022.
Friedrich Mayer
Strodtmann, Adolf
Lothar: Zeitarabesken.Carl Vogt
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