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Dandin

Im Sanskrit bezeichnet Dandin einen `Stabträger´, insbesondere einen Brahmanen im vierten Lebensalter, einen Wandermönch der indischen Religionen, im säkularen Sprachgebrauch einen Tür- oder Torwächter mit Stab, danda, und gründet letztlich im Intensivum dandam, `sich sehr bezähmen´, erkennbar in Daṇḍa-zrama `im Zustand des Stabes sein´, also asketisch leben. दण्डभृत् daṇḍa-bhṛt verengt `Stockträger´ auf solche, die ziellos reisen, umherschweifen, also Wanderasketen, die `den Stab genommen´ दण्डग्रहण daṇḍa-grahaṇa haben. Dagegen ist ein दण्डाजिन daṇḍā-jina jemand, der Stab und Lederkleidung zum Schein trägt, also Frömmelei und Heuchelei verbirgt.

Daṇḍa

Der Begriff Daṇḍa दण्ड verweist mit seiner Bedeutung als `Baum´ (als solcher die Waffe des Bhīma) auf die natürliche und urwüchsige Herkunft des Stabes und mit seiner Bedeutung `Arm´ (dor danda) auf die Handhabung insbesondere als bhuja Daṇḍa `langer Arm´. Der bilva danda ist aus dem Holz des Belva (Belbaum, eine Quitte) gemacht, dessen dreigeteilte Blätter Shivas Dreizack (Trishula) symbolisieren. Daher auch त्रिदण्ड tri-daṇḍa, die drei zusammengebundenen Stäbe als Zeichen des bettelnden Brahmanen.

Die ältesten Daṇḍa der indischen Mythologie hatte Indra aus den Knochen des Dadhīca, einer Sagengestalt, hergestellt. Dann wäre der Daṇḍa identisch mit dem Donnerkeil vajra वज्र , über den dasselbe berichtet wird.

Als Waffe führt insbesondere Yama 1), der Totengott, einen दण्डकाष्ठ daṇḍa-kāṣṭha, also einen hölzernen Stock. हस्त hasta `Hand ´ verbindet sich sprachlich mit lateinischem hasta `Spieß´, welches sich ableitet von PIE *ǵʰasto-, *ǵʰazdʰo- `Ast´, *ǵʰasdʰo- `Spieß´. Als besonders gewaltig galt der Stock des Todes kāla-daṇḍa.

In der Hand von Herrschern wird der Daṇḍa zur strafenden Waffe (rāja-preṣito daṇḍaḥ). Er ist ein Symbol der Macht, der Gewalt und Herrschaft, der richterlichen Gewalt und der Strafe (z.B. ugra-daṇḍa: ein Stock zum Bestrafen, čarma-daṇḍa: Peitsche); zeigt Zurechtweisung an und Geldbussen und wird gesteigert als maha-daṇḍa `langer Stock´ für Wächter und Offiziere und als loha-daṇḍa `eiserner Stab, Kampfaxt´.

Im Alltag bezeichnet der daṇḍa kraftübertragende mechanische Werkzeuge wie Butterstössel, Stock, Stab, Prügel, Keule, Stengel, Stamm, Stiel, Viehstachel, Fahnenstock, Deichsel (am Pflug), Stab am Saiteninstrument.
Mit einem Daṇḍa wurden außerdem Maße festgelegt:

Dandadō in Japan

Im Japanischen ist der dandadō 檀拏幢 abgeleitet von daṇḍa und ein Attribut Yamas, der japanisch als Enma bezeichnet wird; dessen Stab wird gekrönt von einem menschlichen Haupt, das furchterregend blickt (sanskrit दण्डकपालिन् daṇḍa-kapālin Stock und Schädel tragend; auch khaTvAGga). Enmas Palast hat Stützen (daṇḍa) an den vier Ecken, für diese sind zuständig: rechts Kokuan tennyo 黒闇天女, links Taizan fukun sowie in Menschengestalt Manujaya 魔奴闍耶 und Dōshōjin 同生神, letzterer ein Beschützer der Wege 2).

Dandamis im Griechischen und Lateinischen

Der Begriff fand als Personenname Dandamis bereits im 4. Jahrhundert vor Christus ins Griechische und Lateinische, leitet sich jedoch von einem Wandermönch (Gymnosophist) der Antike ab 3), dem Alexander der Große 326 BC im Punjab begegnete. Ob lediglich der Name übernommen wurde oder ob auch das dahinterstehende Konzept neu war, ist nicht zu entscheiden. Das Hervortreten der Kyniker deutet allerdings darauf hin.

Etymologie

Abweichend von den meisten anderen indogermanischen Sprachen führt Daṇḍa nicht auf eine sprachliche Wurzel für Baum oder Ast zurück. Anstatt Daṇḍa aus skā̆b(h)-´ `Schaft´ abzuleiten, wird eine Übernahme aus der nicht-indogermanischen Proto-Munda-Sprache vermutet, dem Vorläufer einer in Nordost- und Mittelindien gesprochenen Sprachfamilie 4). Kuiper begründet die Übernahme des Mundawortes dāṇdā mit dessen Bedeutungsfeld:


Umfangreiche Bedeutungen zu `Daṇḍa´ siehe

1)
aber auch die Götter Antaka, Mṛtyu, Kāla, Brahman, Rudra
2)
Hirasawa, Caroline
The Materiality of a Promise: Interworldly Contracts in Medieval Buddhist Promotional Campaign Imagery.
Japanese Journal of Religious Studies, vol. 45.2, 2018, pp. 341-390.
https://www.jstor.org/stable/26854488 (Zugriff am 29.05.21), insbes. S. 357-358
3)
Marc Steinmann
Alexander der Große und die „nackten Weisen“ Indiens
Der fiktive Briefwechsel zwischen Alexander und dem Brahmanenkönig Dindimus
Einleitung, lateinischer Text, Übersetzung und Kommentar
Berlin: Frank & Timme [2013?], Klassische Philologie, 4, S. 41-42 Abschnitt α) Der Name Dandamis
4)
Kuiper, Franciscus Bernardus Jacobus
Proto-Munda Words in Sanskrit
Amsterdam 1948: N.V. Noord-Holl. Uitg. Maatsch, 65, 75-83