Leere

Die erlebte Landschaft erschafft den Raum, den wir Welt nennen. Dieser Raum muss Anfang und Ende haben und Grenzen, dementsprechend mehrdeutig lässt sich das Ende der Welt interpretieren. Die Eigenschaft des Raumes ist aber, dass alles in ihm ist und nichts außerhalb. Der Raum kann keine andere Grenze haben als die des Nichts, denn mit einem Rand wäre der Raum ein Loch mit etwas außerhalb.

Die Vorstellung eines absoluten Nichts (lat. vacuum) weckt jedoch den Schrecken davor, den horror vacui. Die Mythen der Menschen setzen daher an den Anfang die gähnende Leere (altgr. χάος cháos, altnord. ginungagap). Dahinter steckt auch eine Urangst des Menschen, denn beim Blick in die Tiefe entsteht ein Sog aus, der als Schwindel empfunden wird. In der Psychologie wird das Phänomen l'appel du vide, call of the void genannt, denn ein unterschwelliger Impuls drängt uns von der Klippe in den Abgrund zu springen, daher auch: high place phenomenon.

Die räumlichen Grenzen der Erde zu erkunden erschien also mit der Gefahr verbunden, in die absolute Leere zu blicken - eine entsetzliche Vorstellung , die auch verortet wurde im Maelstrom 1) oder im »Leeren Viertel« 2).

1)
Edgar Allan Poe
A Descent into the Maelström (Eine Fahrt in den Maelstrom)
Kurzgeschichte 1841
2)
die größte Sandwüste der Erde: الربع الخالي ar-Rubʿ al-Chali