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wiki:schusters_rappen

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wiki:schusters_rappen [2021/09/08 04:13] – [Auf der Mutter Fohlen reiten] norbertwiki:schusters_rappen [2022/06/26 14:41] (aktuell) – [Shanks's pony reiten] norbert
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 ====== Auf Schusters Rappen ====== ====== Auf Schusters Rappen ======
-Scherzhafte Metapher für `zu Fuß reisen´ oder `lange Strecken zu Fuß gehen´ mit der Nebenbedeutung `weil man sich nichts anderes leisten kann´ als bildhafter Vergleich //Fußgänger-Reiter// in vielen Formulierungen:+Scherzhafte Metapher für `zu Fuß reisen´ oder `lange Strecken zu Fuß gehen´ mit der Nebenbedeutung `weil man sich nichts anderes leisten kann´ und oft als bildhafte Gegenüberstellung //Fußgänger-Reiter//:
  
   * 1644: »man ist übel beritten //auff deß Schusters Rappen//« ((''Georg Philipp Harsdörffer''\\ //Das Schauspiel teutscher Sprichwörter//\\ Gerhardt, Nürnberg 1644/1657, S. 338))   * 1644: »man ist übel beritten //auff deß Schusters Rappen//« ((''Georg Philipp Harsdörffer''\\ //Das Schauspiel teutscher Sprichwörter//\\ Gerhardt, Nürnberg 1644/1657, S. 338))
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   * drauf lief ich, wie ein don Quischott,\\ hinab hinan die erde,\\ bald kuhschritt und bald hundetrott,\\ auf meines //schusters pferde//. ((''Johann Gottfried Seume''\\ //Lebenslauf Jeremias Bunkels, des alten Thorschreibers//))   * drauf lief ich, wie ein don Quischott,\\ hinab hinan die erde,\\ bald kuhschritt und bald hundetrott,\\ auf meines //schusters pferde//. ((''Johann Gottfried Seume''\\ //Lebenslauf Jeremias Bunkels, des alten Thorschreibers//))
  
-Die nächstliegende Deutung von `Schusters Rappen´ als `schwarze Stiefel´ verweist auf eine Entstehung im oberdeutschen Sprachraum, denn dort enstand der Begriff `[[http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=schuster|Schuster]]´ ((aus schuo(ch)ster < mittelhochdeutsch schuochsūter, aus: schuoch und sūter (lat.), also `Schuhnäher´; im Norddeutschen war es der Schumacher. Entsprechend ist `Schumachers Rappen´ selten und erst durch Johann Peter Hebel 1850 im "Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes" stärker verbreitet.)) im 15. Jahrhundert und dort wurden dunkle (`rabenschwarze´) Pferde seit Anfang des 16. Jahrhunderts als `[[http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=rappe|Rappen´]] bezeichnet, als ein besonders edles Pferd. Aus diesem Sprachraum stammen auch die ältesten Belege. Für diese Deutung spricht auch, das dasselbe Bild (reiten > zu Fuß gehen) sowohl in älteren Metaphern (auf dem Apostelpferd reiten) sowie in benachbarten Sprachen verbreitet ist, (Beispiele siehe unter [[wiki:zu_fuss_reisen|zu Fuß reisen]]).+Die nächstliegende Deutung von `Schusters Rappen´ als `schwarze Stiefel´ verweist auf eine Entstehung im oberdeutschen Sprachraum, denn dort enstand der Begriff `[[http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=schuster|Schuster]]´ ((aus schuo(ch)ster < mittelhochdeutsch schuochsūter, aus: schuoch und sūter (lat.), also `Schuhnäher´; im Norddeutschen war es der Schumacher. Entsprechend ist `Schumachers Rappen´ selten und erst durch Johann Peter Hebel 1850 im "Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes" stärker verbreitet.)) im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] und dort wurden dunkle (`rabenschwarze´) Pferde seit Anfang des [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 16. Jahrhundert|16. Jahrhunderts]] als `[[http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=rappe|Rappen´]] bezeichnet, als ein besonders edles Pferd. Aus diesem Sprachraum stammen auch die ältesten Belege. Für diese Deutung spricht auch, das dasselbe Bild (reiten > zu Fuß gehen) sowohl in älteren Metaphern (auf dem Apostelpferd reiten) sowie in benachbarten Sprachen verbreitet ist, (Beispiele siehe unter [[wiki:zu_fuss_reisen|zu Fuß reisen]]).
  
-Eine andere Deutung findet den Begriff im südwestdeutschen Raum (Breisgau) unter dem Einfluss des Alemannischen; dort ist `rapp´ der Rabe, im 14. Jahrhundert der `Kolmar-Rappen´ (Elsass) und seit dem 15. Jahrhundert der `Rappen´ (Freiburg) eine kleine schwarze Münze mit einem Vogelkopf (Rabe?); `berappen´ (`die Zeche bezahlen´) wanderte aus der Studenten- und Gaunersprache (Rotwelsch) über die schwäbische Krämersprache ins Hochdeutsche ein (19. Jahrhundert) ((''Lutz Röhrich''\\// Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten.// Band 1-5, Herder, Freiburg, Basel, Wien 1994 und dort [[https://books.google.de/books?id=zopdYm1vIlQC&pg=PA48&lpg=PA48&dq=berappen+herkunft&source=bl&ots=kA6CZQP6kk&sig=0Aro3xYGX-kFuGwHaQZC0rhKdqw&hl=de&sa=X&ei=2KhsU-zNFsjYOvmSgegB#v=onepage&q=berappen%20&f=false|weitere Deutungen]] )).+Eine andere Deutung findet den Begriff im südwestdeutschen Raum (Breisgau) unter dem Einfluss des Alemannischen; dort ist `rapp´ der Rabe, im [[wiki:reisegenerationen#14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]] der `Kolmar-Rappen´ (Elsass) und seit dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] der `Rappen´ (Freiburg) eine kleine schwarze Münze mit einem Vogelkopf (Rabe?); `berappen´ (`die Zeche bezahlen´) wanderte aus der Studenten- und Gaunersprache (Rotwelsch) über die schwäbische Krämersprache ins Hochdeutsche ein ([[wiki:reisegenerationen#Ab dem 19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]]) ((''Lutz Röhrich''\\ // Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten.// Band 1-5, Herder, Freiburg, Basel, Wien 1994 und dort [[https://books.google.de/books?id=zopdYm1vIlQC&pg=PA48&lpg=PA48&dq=berappen+herkunft&source=bl&ots=kA6CZQP6kk&sig=0Aro3xYGX-kFuGwHaQZC0rhKdqw&hl=de&sa=X&ei=2KhsU-zNFsjYOvmSgegB#v=onepage&q=berappen%20&f=false|weitere Deutungen]] )).
  
 ==== Der Beschuhte ist eine Art Reiter ==== ==== Der Beschuhte ist eine Art Reiter ====
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 ==== Auf der Mutter Fohlen reiten ==== ==== Auf der Mutter Fohlen reiten ====
-Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen gleichzeitig die Erstbelege für »auf der Mutter Fohlen reiten« (`uf siner muoter vüln´) sowie an gleicher Stelle synonym »er reitet der Zwölfboten Pferd« (`er ritet der zwelfboten pfert´) ((''Heinrich von Freiberg''\\ //Tristan//\\ Verse 2191 und 2195, z.B. in: ''Alois Bernt''\\ //Heinrich von Freiberg mit Einleitungen über Stil, Sprache, Metrik, Quellen und die Persönlichkeit des Dichters//\\ Niemeyer Halle 1906 )), eindeutig spottend.  +Aus der zweiten Hälfte des [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhunderts]] stammen gleichzeitig die Erstbelege für »auf der Mutter Fohlen reiten« (`uf siner muoter vüln´) sowie an gleicher Stelle synonym »er reitet der Zwölfboten Pferd« (`er ritet der zwelfboten pfert´) ((''Heinrich von Freiberg''\\ //Tristan//\\ Verse 2191 und 2195, z.B. in: ''Alois Bernt''\\ //Heinrich von Freiberg mit Einleitungen über Stil, Sprache, Metrik, Quellen und die Persönlichkeit des Dichters//\\ Niemeyer Halle 1906 )), eindeutig spottend.  
-Im 15. Jahrhundert dichtet ''Michael Beheim'' im //Buch der Wiener 1462 - 1465// ((Hölzl Wien, S. 203, Z. 29)):+Im [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] dichtet ''Michael Beheim'' im //Buch der Wiener 1462 - 1465// ((Hölzl Wien, S. 203, Z. 29)):
   Wir musten all zu fußen gan,   Wir musten all zu fußen gan,
   man sach viel manchen werden man   man sach viel manchen werden man
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 ==== Auf dem Apostelpferd reiten ==== ==== Auf dem Apostelpferd reiten ====
-Das obige "der Zwölfboten Pferd" bezieht sich auf die zwölf Apostel, die von Jesus als Boten des Glaubens zu Fuß in alle Himmelsrichtungen geschickt wurden, nämlich [[wiki:per_pedes_apostolorum|Per pedes apostolorum]]. Die lateinische Redewendung wurde im Volksmund zum `Apostelpferd´, selbstironisch, spöttisch oder ein angeberisches Verhalten bezeichnend:+Der "Zwölfboten Pferd" bezieht sich auf die zwölf Apostel, die von Jesus als Boten des Glaubens zu Fuß in alle [[wiki:orientierung|Himmelsrichtungen]] geschickt wurden, nämlich [[wiki:per_pedes_apostolorum|per pedes apostolorum]]. Die lateinische Redewendung wurde im Volksmund zum `Apostelpferd´, selbstironisch, spöttisch oder ein angeberisches Verhalten bezeichnend:
   * 1571:\\  »darnach macht er sich von dem ort mit sein //apostelpferden// fort auf Rom« ((''Johann Fischart''\\ //Von S. Dominici Leben// ...\\ Oberursel 1571 ))   * 1571:\\  »darnach macht er sich von dem ort mit sein //apostelpferden// fort auf Rom« ((''Johann Fischart''\\ //Von S. Dominici Leben// ...\\ Oberursel 1571 ))
   * 1585:\\  »sondern auf der Apostel Pferd wolt sie zu Fuß postieren« ((''Jakob Feucht''\\ //Epitome Postillae Feuchthianae maioris De Sanctis// ... Bd. 2 \\ Sartorius, Ingolstadt 1585 S. 54))   * 1585:\\  »sondern auf der Apostel Pferd wolt sie zu Fuß postieren« ((''Jakob Feucht''\\ //Epitome Postillae Feuchthianae maioris De Sanctis// ... Bd. 2 \\ Sartorius, Ingolstadt 1585 S. 54))
-  * 16. Jahrhundert: »Solches wurden sie all lachen, und auß diser seiner unbesunnenen rede sein apostelpferdt iedermann zu wissen« ((''Felix Bobertag'' (Hrsg.) //Vierhundert Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts// Darmstadt 1964. 336, 32 ))+  * [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 16. Jahrhundert|16. Jahrhundert]]: »Solches wurden sie all lachen, und auß diser seiner unbesunnenen rede sein apostelpferdt iedermann zu wissen« ((''Felix Bobertag'' (Hrsg.) //Vierhundert Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts// Darmstadt 1964. 336, 32 ))
   * 1652:\\  »Dat ick quam in ein vörnehme Stadt\\ up mine Apostel Peerde gereden» ((''Johannes Lauremberg''\\ //Veer Scherzgedichte// … In Nedderdüdisch gerymet, Dänemark 1652, Gedicht 4, 54 ))   * 1652:\\  »Dat ick quam in ein vörnehme Stadt\\ up mine Apostel Peerde gereden» ((''Johannes Lauremberg''\\ //Veer Scherzgedichte// … In Nedderdüdisch gerymet, Dänemark 1652, Gedicht 4, 54 ))
   * Holstein:\\  Der wandernde Poet kam up synem //Apostelpeerde// gereden.\\ Spann dine //Apostelpêr// an. (Geh und mach' dich auf die Füsse.) ((Johann Friedrich Schütze\\ Holsteinisches Idiotikon: ein Beitrag zur Volkssittengeschichte. Villaume, Hamburg 1800 S. 44))   * Holstein:\\  Der wandernde Poet kam up synem //Apostelpeerde// gereden.\\ Spann dine //Apostelpêr// an. (Geh und mach' dich auf die Füsse.) ((Johann Friedrich Schütze\\ Holsteinisches Idiotikon: ein Beitrag zur Volkssittengeschichte. Villaume, Hamburg 1800 S. 44))
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 ==== Shanks's pony reiten ==== ==== Shanks's pony reiten ====
-  * Englisch 1729:\\ //by [[https://wordhistories.net/2016/07/05/shanks-pony/|Shanks's pony]]// (mare) ((Erstbeleg in: ''Allan Ramsay''\\ //The Tea-Table Miscellany: Or, a Complete Collection of Scots Sangs//, "Scornfu’ Nansy" 1729. `shank´bedeutet `Unterschenkel´)) \\ To ride in the marrow-bone ((engl. „Markknochen“ > im Sinne von `markerschütternd´)) (stage, coach) +  * Englisch 1729:\\ //by [[https://wordhistories.net/2016/07/05/shanks-pony/|Shanks's pony]]// (mare) ((Erstbeleg in: ''Allan Ramsay''\\ //The Tea-Table Miscellany: Or, a Complete Collection of Scots Sangs//, "Scornfu’ Nansy" 1729.)) \\ To ride in the marrow-bone ((engl. „Markknochen“ > im Sinne von `markerschütternd´)) (stage, coach) 
-  *  Englisch\\ to ride on [[https://wordhistories.net/2016/07/05/shanks-pony/|shanks's pony]]\\ Diese Variante (shanks sind die `Waden, Unterschenkel´) meint dasselbe wie die vorigen. »To shank aff« scheint jedoch im Straßenjargon eher die unseriöse Art im Sinne von `abhauen´auszudrücken ((John Jamieson\\ Scottish Dictionary and Supplement: In Four Volumes. L-Zic, Band 2, Tail, 1841)).+  * to ride on [[https://wordhistories.net/2016/07/05/shanks-pony/|shanks's pony]]\\ Shanks sind die `Waden, Unterschenkel´ und  scheint jedoch im Straßenjargon »to shank aff« eher ein unseriöses `abhauen´ auszudrücken ((John Jamieson\\ Scottish Dictionary and Supplement: In Four Volumes. L-Zic, Band 2, Tail, 1841)).
  
wiki/schusters_rappen.1631074401.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/09/08 04:13 von norbert

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