Tropenkoller

»Koller« bezeichnet bei Pferden eine Krankheit des Gehirns und wurde im 19. Jahrhundert öfters als Metapher für übersteigerte Verhaltensweisen benutzt 1). Es gab den Theorienkoller (1848), aber auch den Reisekoller (1863) und um 1895 bezeichnete man in Berlin die auffällige Reizbarkeit und Schroffheit der (deutschen? europäischen?) Beamten in den Kolonien der Tropen als Tropenkoller. Der kritische Roman von Frieda Freiin von Bülow (die selbst eine Farm in Ostafrika bewirtschaftete) Tropenkoller (Berlin 1896) beschreibt diesen so:
»Die Herrscherherrlichkeit im Lande der Wilden steigt den Knechts- und Bedientenseelen zu Kopfe … Das ist's. Sie sind das Herrentum so wenig gewohnt, dass es sie um ihr armseliges bißchen Menschenverstand bringt und eine lächerliche Spielart des Größenwahnsinns zeigt. Der Subalternbeamtengeist schnappt über. …. scheint mir eine durch klimatische und andere Komplikationen bösartig gewordenen Form des Parvenütums.«
Diese Bösartigkeit ist das spezifische Element des Tropenkollers. Während der Volksmund also eine auffällige Verhaltensweise auf den Punkt brachte, machte die Wissenschaft daraus ein Krankheitsbild, das den »am Tropenkoller Leidenden« von seiner Verantwortung für sein Verhalten entlastete:


Literatur

→ ★ Ausstellungsliste Kolonien

1)
Ladendorf, Otto: Historisches Schlagwörterbuch: Ein Versuch. Strassburg und Berlin, 1906