Das Bild des Orients
Wer sich orientiert, blickt nach Osten zum Sonnenaufgang, denn von dort kommen Licht (ex oriente lux) und der neue Tag. Die abendländischen (europäischen) Vorstellungen von Europa und Asien sind von dieser Richtung geprägt:
Kontinent | Europa | Asien |
---|---|---|
semitisch | ereb `dunkel´ > Europa | acu `Sonnenaufgang´ > Asien |
Himmelsrichtung | Westen | Osten |
indogermanisch | u̯es- `herab´ | au̯es `leuchten´ |
Metapher | Abendland | Morgenland |
römische Weltgegend | Okzident | Orient |
lateinisch | occidere ‘niedergehen | orīrī ‘sich erheben´ |
arabische Weltgegend | Maghreb | Levante |
arab. gharaba `weggehen´ | lat. levare `emporheben, aufgehen´ |
Als Orient galten beispielsweise der Nahe Osten, Mittlerer Osten und Ferner Osten, das Osmanische Reich (und am Rande der Balkan), Ägypten, Arabien, Persien, die Länder an der Seidenstraße und an der Gewürzstraße, Indien, Ceylon, China, Japan … Die Unschärfe der Begriffe ist ihr Vorteil, da sie damit flexibel den zeittypischen Strömungen zwischen Imagination und Anschauung angepasst werden. Orient und Orientalen bedienen Bilder im Kopf (ähnlich wie Insel(-paradiese), Südsee, Der edle Wilde) und werden damit auch Projektionsfläche für Utopien, also die Suche nach dem Schönen im Entfernten. Damit verbunden ist das Aneignen des Fremden, die Selbstentdeckung im Exotischen aus der Ferne: