Der Begriff kommt über das lateinische catastropha aus dem altgriechischen katastrophḗ und ist dort zusammengesetzt aus κατά katá (herab-, nieder-) und στρέφειν stréphein (wenden).
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI stellt den Begriff der Katastrophe an die Spitze einer Begriffshierarchie 1), die sich in abgewandelter Form auch auf Katastrophen außerhalb der Informatik anwenden lässt:
Vorfallsart | Erläuterung | Behandlung |
---|---|---|
Störung | Kurzzeitiger Ausfall von (Prozessen, Ressourcen …), geringer Schaden | handwerkliche Störungsbehebung |
Notfall | Längerer Ausfall, hoher Schaden | Notfallorganisation |
Krise | existentieller Schaden möglich, mit begrenztem zeitlichem und räumlichem Ausmaß | Krisenmanagement |
Katastrophe | Zerstörungen, die räumlich und zeitlich kaum zu begrenzen sind | Schadensbegrenzung |
Die Einstufung hängt ab von der Perspektive. Für den Einzelnen kann schon eine Panne zur Katastrophe werden, wenn dadurch ein lebenswichtiger Termin verpasst wird. Krankheit kann für eine ganze Familie zur Katastrophe werden, wenn dadurch das Einkommen wegbricht.
Gemeint ist mit Katastrophe also der Höhepunkt einer Krise, der Übergang zu etwas Neuem, der Scheide zwischen Sein und Nicht-Sein. Das Ergebnis ist immer eine Wende, weil anschließend nichts mehr so ist, wie es war. Einerseits wird immer etwas zerstört, andererseits entsteht wieder ein neues Gleichgewicht bis zur nächsten Katastrophe - nichts hält ewig an. In der Zerstörung des Bestehenden liegt jedoch auch die Chance für Neues. In der griechischen Sage entstand die Welt aus dem Chaos; auch der Phoenix verbrennt und entsteht aus seiner Asche neu. Die christliche Kirche kennt dies als Kunst, gut zu sterben: »Vita mutandur, non tollitur« (Das Leben ändert sich, aber es endet nicht).
Der Katastrophenbegriff ist heute nahezu ausschließlich negativ besetzt, wird mit *Gefahren assoziiert und löst * Angst aus. Eine Katastrophe gilt als verheerend und droht mit Zusammenbruch und Untergang, jedenfalls mit dem Verlust von Sicherheit. Dieses Begriffsverständnis wird gefördert, weil der Nachrichtenwert solcher Ereignisse hoch ist, führt jedoch zu einem gap zwischen real life und virtual reality.
Der Historiker Hans-Peter Schwarz
schrieb 1990 in seinem Essay Die ausgebliebene Katastrophe 2), die Geschichte der Bundesrepublik wäre unentwegt von kollektiven Ängsten bestimmt gewesen, unter zyklisch aufwallender Alarmhaltung: vor dem atomaren Holocaust 1962, Notstandsgesetze 1968, Ölkrise und Grenzen des Wachstums 1972, RAF-Terror 1970-93, Weltbedrohung Saurer Regen 1985 und Waldsterben, Rüstungswettlauf bis 1989 und no-future-Punk der 1980er, Vogelgrippe 2013 - das Goldene Zeitalter dagegen war immer nur in der Erinnerung. 2019 setzt Frank Biess
die Erzählung fort in seinem Buch »Republik der Angst. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik« 3). Die »Corona-Pandemie« wurde 2020 tatsächlich zur Katastrophe mit weltweiten Auswirkungen, die in ihrer Intensität immer wieder mit dem Zweiten Weltkrieg verglichen wurde.
Einfache Gemüter handeln nach dem *Sankt-Florian-Prinzip. In begrenztem Maße ist *Vorsorge möglich, diese erfordert eine *Risikoanalyse für bestimmte Szenarien: technischer Defekt, Diebstahl, Panne, Unfall, Überfall, Entführung und so weiter. Manche Folgen lassen sich durch Versicherungen mindern, dies erfordert eine Kosten-Nutzen-Analyse. In Fällen »höherer Gewalt« greifen allerdings meist eine »Force Majeure-Klausel« zu Ungunsten des Reisenden. Für Reisende in Kriegszeiten ist immerhin die *Flucht möglich, während sie sich in der Corona-Pandemie in einer *Robinson-Situation wiederfanden. In jedem Fall führt die Katastrophe zu Problemen, die gelöst werden sollten.
Das Leben auf der Alm oder das Auswandern nach Tahiti, das Bild des edlen Wilden und der unberührten Natur findet sein alltägliches Pendant in Urlaub oder Schrebergarten und bildet das rührende Bemühen sich ein Idyll zu schaffen, zu der die Katastrophe keinen Zutritt hat. Philosophen entwerfen Utopien, Schriftsteller schildern Orte, die es nicht gibt, der Alltag begnügt sich mit schönen Illusionen nach Feierabend oder am Wochenende. Ein Idyll ist gekennzeichnet durch:
Nichts davon kann lange funktionieren. Je idyllischer, desto katastrophaler das Ende, wenn die Wirklichkeit einbricht. Reisende scheitern in der Welt, wenn sie dort nach dem Idyll suchen, und sie scheitern bei der Heimkehr, weil niemand wissen möchte, dass idyllische Vorstellungen der Erfahrung nicht standhalten. An dieser Reibungsfläche entstehen Geschichten. Das »idyllische Verfahren« mit Perspektivwechsel findet sich in vielen Werken der Aufklärung. Und auch das Road Movie lässt idyllisch Reisende gerne scheitern.
Gulbransson, Olaf
Flora, Paul
Tammen, Johann P.
Jablonski, Nils