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Low-Tech
Der Begriff ist nicht definiert sondern wird sehr unterschiedlich verstanden und verwendet, ist aber nicht identisch mit *Einfachheit.
1. High Tech von gestern
Das Gegenteil von High Tech, also eine relative Bewertung. Low Tech ist danach High Tech von gestern, denn sie hat ja erfolgreich überlebt. Sie könnte aber auch als nicht durchsetzungsfähig untergehen. Dagegen könnte die High Tech von heute, wenn sie sich langfristig durchsetzt, die Low Tech von morgen werden. Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit in der Informationstechnik alle zwei Jahre. Das heißt aber auch: Wie schnell wird aus High Tech Schrott?
Also bietet Low Tech zwei Vorteile:
- die Kinderkrankheiten der Entwicklungsphase sind ausgemerzt.
- sie erfüllt optimal die Bedürfnisse des Marktes.
2. Ausgereifte Technik
Nach dem Stand des technischen Wissen und der Marktphase:
- Low Tech kann man verstehen als ausgereifte Technik auf dem Stand der Allgemein anerkannten Regeln der Technik, die in Technik, Handwerk und Handel verbreitet ist.
- High Tech dagegen ist machbare Technik zwischen Erprobung und Invention, siehe *Technisches Wissen und technisches Handeln. Tendenziell neigen Hersteller dazu, die Erprobungsphase abzukürzen und dem Markt zu überlassen (Beta-Versionen). Der Zuverlässigkeit ist das abträglich, siehe *Hype Cycle.
3. Prüfmethode
In einem weiteren Sinn lässt sich Low Tech verstehen als Prüfmethode zum Vergleich alternativer Marktangebote. Kriterien wären dann etwa:
- Die technische Hauptfunktion wird bestmöglich erfüllt.
- Die Anzahl der Nebenfunktionen ist mimimiert (z. B. kein *Mäusekino, keine *Wollmilchsau).
Als Folge dieser technischen Einfachheit ist das Produkt im Vergleich zu anderen
- weniger komplex
- einfacher zu bedienen
- weniger störanfällig
- Energieverbrauch optimiert
- einfach zu warten
4. Konstruktionsmethode
Schließlich findet sich Low Tech auch als Konstruktionsmethode für Produkte, die ihre technische Hauptfunktion zwar nicht bestmöglich erfüllt, jedoch bereits bei minimalen Voraussetzungen arbeitet, etwa ein Solarspiegel als Herd; doppelte Tonkrüge als Kühlschrank, eine Trockentoilette, ein *Donkey zur Warmwasserversorgung und Ähnliches.
Das kann zur Dekonstruktion von Maschinen führen und steht nicht zwingend im Widerspruch zu High Tech, wohl aber zu »Rube-Goldberg-Maschinen«.
Im Fahrzeugbau gehen »kit cars«, also Selbstbausätze für Autos, in die Richtung low-tech. Konzeptionell zu Ende gedacht wurden die Low-Tech-Fahrzeuge
5. Bewährte Technik von Oma & Uropa
Wenn technische Geräte »weiterentwickelt« werden, bedeutet dies nicht, dass die Vorläufer dieser Geräte schlechter waren. Vielmehr werden sie geänderten Anforderungen angepasst, siehe *Obsoleszenz. Zurückblickend finden sich daher Geräte, die sich durch besondere *Einfachheit auszeichnen, weil sie beispielsweise stromlos funktionieren oder ein *Leben lang halten mussten. Solche Geräte eignen sich etwa auch besonders für die *Inselanlage Reisemobil, sie zeichnen sich aus durch:
- robust gefertigt
- keine Batterien erforderlich
- ein Elektroanschluss erforderlich
- einfach zu bedienen
- einfach zu reparieren
- nützlich für die Selbstversorgung
6. Zwischen Handwerk, Kunst und Theorie
Bereits Aristoteles schätzte vor gut 2000 Jahren den Handwerker niedriger ein als den Theoretiker, weil Ersterer sich auf das »Wie« (Know-How) beschränkte, während Letzterer das »Warum« (High Tech) ergründete:
- Unser Wort Banause leitet sich ab vom altgriechischen baunos, »der am Ofen Arbeitende«, Töpfer und Schmiede.
- Der Begriff Theorie leitet sich ab vom altgriechischen theoros, dem Befrager des Orakels.
- Der Begriff Technik leitet sich ab vom altgriechischen techne. Techne unterschied weder zwischen Kunst und Technik noch zwischen Werkzeug und Handwerk, sondern meinte den gesamten Vorgang zwischen Vorstellung und planendem Erreichen eines Ziels.
Weiterführendes
Julia Watson
Lo-TEK. Design by Radical Indigenism
420 Seiten, Taschen Verlag, Köln 2019
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