Schleife

Eine Last hinter sich herzuziehen ist die urtümlichste Art des Transportes, aber weder bequem noch gut für die Last. Die Schleife als V-förmige Astgabel mit einem Geflecht als Auflage ist die technisch einfachste Form eines Transportmittels noch vor dem Schlitten - beide werden bis in die Gegenwart in der Forst- und Almwirtschaft eingesetzt: »Je nach Beschaffenheit der Bahn, der Schlitten und nach Gewandtheit der Arbeiter beträgt die Ladefähigkeit zwischen ein und zwei Raummeter und die Geschwindigkeit 50 - 150 Meter in der Minute.« 1), also überall dort, wo der Untergrund den Einsatz von Radfahrzeugen erschwert. Die Schleife wurde technisch durchaus weiterentwickelt 2).

Schleifen waren technisch die Vorform sowohl des Schlittens als auch des Wagen 3). Als landwirtschaftliches Werkzeug zog man damit den Pflug oder die Egge: »traha & trahea, die Schleife, eine Bohle, die mit einer Spitze als Egge gezogen oder ohne solche als Transportmittel genutzt, auch: tragula« 4).

In Nordamerika wurden Stangenschleifen von den indianischen Ureinwohnern, aber auch von den mountain men verwendet und im kanadischen Französisch Travois (travoy, travoise) 5) genannt, abgeleitet vom französischen travail oder travée. Dabei diente das Pferd als Zugtier.

Etymologie

Das Wort Schleife, niedersächsisch Slöpe, Schlapfen in Österreich, kimbrisch sloafa führt zuurück auf indogermanisches sleub(h)-, also `gleiten, schlüpfen´ und über das lateinische traha auf dherāgh-, also `ziehen, am Boden schleifen´.


1)
Karl Schuberg
Der Waldwegbau und seine Vorarbeiten: …
Springer, Berlin 1873 Band 1, S. 128 ff: Die im Walde gebräuchlichen Fuhrwerke … §46 Schleifen und Schlitten …
2)
J. G. Krünitz
Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft
242 Bände 1773 - 1858, darin zum Eintrag `Schleife´
»Die Schleife ist zur Fortschaffung der Waaren ein sehr brauchbares Werkzeug, sie besteht aus zwei langen, an einem Ende etwas aufwärts gebogenen, Holzstücken, welche mit Querleisten vereiniget sind. Die aufgebogenen Enden haben Haken, die Pferde daran zu spannen. Am besten ist es bei diesen Schleifen etwas hohe Pferde zu gebrauchen, und sie etwas kurz daran zu legen, weil solches die Bewegung erleichtert; denn indem das Pferd fortgeht, hebt es die Enden der Kufe in die Höhe, dieses bewirkt, daß die Schleife leichter über das unebene Pflaster fortgeht. Weil aber, wenn der Weg weit, die Last schwer, und das Pflaster uneben ist, die Reibung der Kufen oder der krummen Hölzer der Schleife so heftig wird, daß sich das Holz leicht entzünden kann, so hat man, um dieses zu verhüten, ein Fäßchen mit Wasser auf die Schleifen gelegt; sobald nun die Kufen zu heiß werden, öffnet man das Gefäß, das Wasser spült nun durch das Rütteln heraus, und kühlt die Kufen. Man kann zu den Schleifbäumen oder Kufen Eichenholz nehmen.
Man hat auch Schleifen die so eingerichtet sind, daß die darauf liegende Last ganz und gar nicht erschüttert wird. Die Last behält jederzeit die lothrechte Richtung, die Schleife mag bergauf oder bergunter, oder mit der einen Seite auf einer schiefliegenden Fläche gefahren werden. Das Vordergelenke dreht sich horizontal, gerade so, wie an einer Kutsche. Diese Kreisbewegung des Vordergelenkes wird durch den Schloßnagel bewirkt, und dadurch wird der Erschütterung, die das ungleiche Pflaster bewirkt, ausgewichen. Das Hintergelenke bewegt sich bloß wellenförmig, vermittelst eines Querriegels, der sich an jedem Ende in einem Bogen endiget. Diese Bogen tragen den Kasten, worin sich die Last befindet, und verhindern, daß sich die Stöße nicht bis zu der darauf liegenden Bildsäule, wenn man nämlich dergleichen Bildhauerarbeiten geladen hat, erstrecken können, wie ausserdem geschehen würde. Noch ist vorne an der Schleife eine Welle, die mit Zähnen und Getriebe, und einer Kurbel versehen ist, angebracht. Diese dient dazu, den Kasten mit der Bildsäule auf die Schleife beim Aufladen herauf zu winden. Durch diese Vorrichtung ist ein Mensch im Stande so viel als fünf Pferde auszurichten.«
3)
M. Mainberger
„Rätselhafte Holzobjekte“ des Pfahlbauneolithikums
Ein Transportgerätetyp vor der Erfindung von Rad und Wagen?

Archäologisches Korrespondenzblatt 27, 1997, 415-422
Betrifft die Stangenschleife (ca. 3.800 v. Chr.) als Dreieckswagen
4)
Karl Ernst Georges Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch Bd. 5 1913
K. D. White
Agricultural Implements of the Roman World
Cambridge University Press, 1967, S. 152 - 155. traha=trahea von trahere (ziehen) hinter einem tribula (Dreschflegel), (tragula) mit Diskussion, Abbildungen, ausführlicher Quellensammlung
Dorothee Heller
Wörter und Sachen: Grundlagen einer Historiographie der Fachsprachenforschung
Gunter Narr Verlag, 1998
S. 184 ausführlich zu traha, tragula\\