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wiki:sicherheit_bei_reisen_in_afrika

Sicherheit bei Reisen in Afrika

Gefahren und Risiken

Verletzung und Tod

Menschen verwechseln Gefahr mit Risiko und können insbesondere letzteres nicht realistisch einschätzen. So ersticken jährlich 100 bis 300 Menschen in Deutschland an Teilen von Kugelschreibern, währen nur vier werden vom Blitz getroffen und weltweit sterben nur zwölf durch Haiangriffe 1).

Ebola und andere tropische Infektionskrankheiten sind zwar gefährlich, bergen jedoch nur ein kleines Risiko für Reisende. Das mit Abstand größte Risiko sind Unfälle im Straßenverkehr mit 1,2 Millionen Toten jährlich weltweit und mehr als 50 Millionen Verletzten (Statistik WHO). Verkehrsunfälle bilden das größte Risiko auf Reisen. Technisch anspruchsvolle Routen kann man vermeiden oder sich darauf vorbereiten; Gefahren durch andere Menschen sind jedoch unberechenbar. Nach Angaben der WHO sterben täglich rund 3.400 Menschen im Straßenverkehr, davon sind die Hälfte Fussgänger, Radfahrer und Motorradfahrer. 90% der Verkehrstoten sterben in Ländern mit eher geringem Einkommen, obwohl in diesen Ländern nur 54% der Fahrzeuge fahren. Die meisten Verkehrstoten gibt es in den afrikanischen Ländern 2) und dort gilt insbesondere die Straße von Nairobi nach Mombasa mit mehr als dreitausend Toten jährlich als größtes Risiko. In Deutschland ist das Risiko in einen Verkehrsunfall zu geraten, freitags nach 13 Uhr am größten (SPIEGEL), sonntags am geringsten, hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Die Ursachen – Feierabend, Wochenende, Verkehrsdichte – dürften auf andere Länder mit vergleichbarer Struktur übertragbar sein.

Das zweitgrößte Risiko verletzt oder getötet zu werden entsteht durch die Freizeitgestaltung in Gewässern: Flüsse, Seen, Ufer, Meer, aber auch in Schwimmbädern.

Gewalt durch andere Personen (engl. Homicide) ist die dritthäufigste Ursache von Verletzung und Tod . Laut WHO gibt es keine Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Reisen und Gewalt durch Personen. Die Gefahr, gewaltsam verletzt zu werden, steigt jedoch beim Reisen in ärmere Länder. Von 600.000 Morden jährlich geschehen 90 % in Ländern mit geringem bis mittlerem Einkommen. Dabei sterben 3-4 mal mehr Männer als Frauen 3). Der Zusammenhang zwischen Armut und zunehmender Körperverletzung gilt generell, auch in wohlhabenden Ländern. Ein Amerikaner, der seit vielen Jahren in Johannesburg lebte, beschrieb mir, wie er nach Feierabend nach Hause in den Vorort fährt: Immer mit Blick in den Rückspiegel, ob ihm ein Wagen folgt. Falls ja, fährt er so lange um den Block, bis der Wagen fort ist, andernfalls zurück zum bewachten Büro. Das Tor seines Grundstücks wird mit der Fernbedienung geöffnet, weil Aussteigen gefährlich ist, und es ist auf beiden Seiten mehrere Meter frei und einsehbar, damit sich dort niemand verstecken kann, der mit hineinschlüpft.

Diebstähle

Es gibt keine spezifisch afrikanische Kriminalität gegen weiße Touristen. Der Eindruck, dass weiße Touristen vermögend sind, und die Tatsache, dass Touristen ein leichtes Opfer darstellen, birgt jedoch das Risiko, insbesondere an den üblichen touristischen Hotspots zum Ziel für Trick- oder Taschendiebstahl, selten auch für Raub zu werden. Das ist mir jedoch schon überall so gegangen: in Moskau, in Sankt Petersburg, aber eben auch in Goma, Keetmanshoop oder Okihandja. Dagegen helfen dann nur die üblichen Gegenmaßnahmen: Nichts Wertvolles zur Schau stellen, nur das Nötigste bei sich haben, das meiste unter der Kleidung und ein Weniges in der Hemdentasche. Handtaschen und Gürteltaschen sind reizvolle Angebote für potentielle Diebe.

Bandendiebstahl ist fast unmöglich zu vereiteln. Umringt von einem halben Dutzend Kindern mit einem Halbwüchsigen, der agressiv mit einer Zeitung vor dem Gesicht rumfuchtelt, haben unzählige Hände schnell den ganzen Körper und alle Taschen abgetastet, da hilft auch kein Brustbeutel. Wer dann noch vom Einkaufen kommt, mit Einkaufstaschen in beiden Händen, kann nichts am Körper sichern, der Tagesrucksack ist völlig ungeschützt. Da hilft nur: Augen auf, Wege kurz halten, Menschenmengen meiden und nochmals: nur das Nötigste mit sich führen: Geldscheine in der Hand oder in der Brusttasche, die sich mit einer Hand sichern lässt.

Unfälle provozieren und eine Entschädigung fordern. Früher weiter verbreitet, ist dies in Äthiopien auch heute noch Alltag. Hirten, meist Kinder, treiben ihr Vieh mit Steinwürfen oder Stöcken vor das herannahende Fahrzeug, damit es verletzt wird. Seltener versuchen auch Menschen angefahren zu werden. Mehrfach haben wir davon gehört, einmal erlebten wir selbst, dass hinter einer Kuppe jemand mitten auf der Straße lag, dem wir erst in letzter Sekunde ausweichen konnten.

Gefährlich ist es in allen Orten, in denen regelmäßig Touristen verkehren und insbesondere an Stellen, die von Touristen aufgesucht werden, insbesondere an Supermärkten, im Umkreis der Banken, Bahnhof, Minibus-Station … Wir erlebten mehrere Versuche von Taschen-/Trickdiebstahl, Kinderbanden in Keetmannshoop, in Okahandja, in Gisenyi (Ruanda) sowie einige Situationen, die unklar waren.

Bewachte Parkplätze aufsuchen, mindestens unmittelbar vor dem Eingang parken. Einer bleibt immer im Auto. Scheiben höchstens fingerbreit öffnen. Besser schließen und Klimaanlage an. Beim Verlassen nur das mindeste an Wertsachen mitnehmen, etwa ein paar Scheine in der Hemdentasche, die Hosentaschen sind leer. Bei offenkundiger Körpernähe oder Körperkontakt sofort Wertsachen festhalten. Dazu muss mindestens eine Hand frei sein, also nicht voll bepackt aus dem Laden gehen.

Im Auto die wichtigsten Dokumente und Gepäckstücke so lagern, dass sie von außen nicht zu sehen und erst recht nicht erreichen sind, also zwischen den Sitzen in der Mitte oder eingeklemmt hinter den Sitzen oder abgedeckt. Durch halb geöffnet Fenster werden Gepäckstücke äußerst geschickt »geangelt«, während man auf der anderen Wagenseite abgelenkt wird.

Gewalt in Südafrika

Es gibt sehr wohl ein erhöhtes allgemeines Gewaltproblem in der Republik Südafrika. In Südafrika stieg die Zahl der jährlichen Morde seit 2002 auf 20.336 (2018); in Deutschland sank sie auf 386 (Quelle: statista.de), also rund 55 Morde täglich dort, einer hier. »Mord an Touristen« ist kein auffälliges Risiko in Südafrika, doch „Kill the Boer, kill the farmer“ war ein Slogan, der mit dem Ende der Apartheid 1989 nicht verschwand – einfach mal bei YouTube suchen.

Dass mexikanische oder venezolanische Grossstädte doppelt so hohe Fallzahlen aufweisen, tröstet nicht, immerhin erreicht Kapstadt Platz 11 der gefährlichsten Städte der Erdevi. 13 der 30 gefährlichsten Orte Südafrikas (unter mehr als 1.100 Polizieistationen) liegen in Gauteng, der Region um Pretoria und Johannesburg, dessen Autokennzeichen GP (Gauteng Province) allgemein als Gangsters Paradise gedeutet wird. Die gefährlichsten Orte laut Polizeistatistik sind die Innenstädte von Kapstadt (1), Johannesburg (2), Durban (5) und Pretoria (8); und auch die »gehobenen« Orte Stellenbosch (11) und Sandton (14) liegen unter den Top 30. Auf die Frage nach den Regeln für sicheres Verhalten in Johannesburg antwortete uns ein junges weißes südafrikanisches Pärchen aus Sandton:

  • Verlasse niemals dein Viertel zu Fuß
  • Nutze niemals öffentliche Verkehrsmittel
  • Fahre nie in Townships

Carjacking

Bewaffneter Raubüberfall mit Autodiebstahl wurde 1991 im US-amerikanischen Detroit so häufig, dass Journalisten dafür den mundgerechten Begriff Carjacking erfanden, abgeleitet von * Hijacking, während die Straftat im Polizeijargon RAUDAA genannt wurde: Robbery, Armed, Unauthorized Driving Away of an Automobile, im deutschen Strafgesetzbuch entspricht das dem § 316a Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer. Damit verwandt ist das *smash-and-grab, dabei werden Wertgegenstände aus dem Wagen gerissen.

Carjacking-Fälle im Sinne des §316 sind in Deutschland selten (183 Fälle 2018), während auf manchen südafrikanischen Autobahnabschnitten Straßenschilder vor Hijacking warnen. Dort werden täglich 45 Autos (2017) auf diese Weise geraubt, also rund 16.000 jährlich soqwie rund 50.000 Fahrzeuge, die in Südafrika gestohlen werden 4). Voraussetzung für ein solches Carjacking sind:

  • Der Wagen muss halten.
  • Es soll möglichst keine Zuschauer geben.
  • Der gestohlene Wagen muss schnell versteckt werden können.
  • Hohe Gewalt- und Risikobereitschaft der Täter.

Dem entsprechend gelten die Hinweise für *smash-and-grab sowie *stoning auch hier. Besonders gefährdet ist man daher

  • nach Einbruch der Dunkelheit
  • an wenig befahrenen Straßenabschnitten
  • wenn das Fahrzeug absehbar bremsen muss (Kreuzungen, Ampeln, Hindernisse)
  • wenn Siedlungen mit unüberschaubaren Straßen nahe sind

Misstrauen ist angebracht, wenn

  • Gegenstände auf der Fahrbahn liegen
  • jemand auf die Fahrbahn läuft
  • jemand anscheinend eine Panne hat und zum Halten auffordert
  • jemand den Anschein erweckt, am Wagen wäre etwas nicht in Ordnung

Smash-and-grab

Insbesondere in großen Städten und an Punkten mit stehendem Verkehr (Ampel, Staus) nutzen Kriminelle die Möglichkeit des smash-and-grab: Autotüren werden aufgerissen, Scheiben eingeschlagen, dann werden gut sichtbare und leicht zugängliche Gegenstände ergriffen. Die Betreffenden zu verfolgen ist in solchen Situationen kaum möglich und auch nicht angeraten. Gegenmaßnahmen:

  • Autotüren von innen abschließen
  • Fenster maximal zwei Zentimeter öfffnen
  • keine sichtbaren Wertsachen
  • Abstand, um notfalls anfahren zu können
  • Näherkommende durch Augenkontakt fixieren
  • Hupen, um Aufmerksamkeit zu erregen

Mit einem Sicherheitsspezialisten fuhr ich in dessen Auto von Honeydew nach Roodepoort (beide unter den Top 30 der gefährlichsten Orte), sein Fenster stand offen während ich meines geschlossen hielt, wie es allgemein empfohlen (maximal 2 Zentimeter offen) wird. Danach gefragt antwortet er: »Wenn ich auf eine rote Ampel zufahre, nehme ich Blickkontakt zu denen auf, die dort rumlungern. Die wissen dann, ich habe sie gesehen. Der Wagen ist alt und sieht verbraucht aus, lohnt also kein Risiko. Wenn die in mein Auto gucken, ist da nichts zu holen: nichts liegt rum, es gibt keine Taschen und ich habe außer T-Shirt, Shorts und Sandalen nichts am Körper.« Also: Keine Anreize bieten, nicht die Opferrolle einnehmen.

Stoning

Steinwürfe auf Fahrzeuge sind in vielen Ländern zwar nicht üblich, jedoch auch nichts Unbekanntes. Mögliche Ursachen sind:

  • Abwehr: Du sollst verschwinden.
  • Neugier: Du sollst halten.
  • Spiel: Denn sie wissen nicht, was sie tun.
  • Hijacking: Man will Dein Auto.

In der Regel wird es also genügen, zügig weiterzufahren, freundlich zu winken oder zur Ablenkung etwas aus dem Fenster zu werfen, etwa Bilder von bekannten Fussballclubs.

In Regionen mit freilaufendem Vieh wird dieses meist von Kindern gehütet, die ihre Tiere mit Steinwürfen steuern. Das versuchen sie nun auch mit Fahrzeugen, ist also gar nicht unfreundlich gemeint, sondern Bestandteil einer »steinewerfenden Gesellschaft«, wie dies ein Reisender mal formulierte.

Stellplätze & Bushcamp

Übernachtungsplätze in Orten immer innerhalb eines bewachten und abschließbaren Geländes suchen. Die nicht einsehbaren Seite des Fahrzeugs immer abschließen. Stellplätze in (abgelegenen) Dörfern sind sehr sicher. Man genießt allerdings keine einzige einsame Minute und ist der Hauptdarsteller fürs ganze Dorf. Als größte Gefahr in der Wildnis gilt nicht die Wildnis. Das größte Risiko ist, von anderen Menschen gefunden zu werden, etwa von Wilderern. Also ist ein bush camp darauf angelegt, nicht entdeckt zu werden, daher

  • wird die Straße in der Dämmerung verlassen, so lange man noch ohne Licht durch bush fahren kann;
  • darf in Sicht- und Hörweite kein Mensch zu sehen sein, bis eine Stelle weitab der Piste für das Camp gefunden wird;
  • darf es keine offensichtlichen Reifenspuren beim Verlassen der *Piste in den bush geben;
  • darf es keine Hinweise auf Nutztiere geben, weil es dann im bush auch einen Kraal gibt mit Hirten;
  • darf das Camp nicht durch Licht oder Lärm, durch Lagerfeuerrauch oder Kochgerüche auffallen
  • wird das bush camp in der Morgendämmerung verlassen - keine zweite Nacht an der gleichen Stelle.

Unsere offensichtlichen Reifenspuren führten einmal fünf Bewaffnete mit Kalaschnikows zu unserem bushcamp. Als sie uns als Touristen einstuften, wurden die Gewehre wieder gesichert.

Allgemeine Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen

Die WHO empfiehlt auf der Basis statistischer Erhebungen

  • Alkoholkonsum beschränken, Drogen meiden
  • Situationen meiden, in denen Standpunkte emotional vertreten werden
  • Unklare Situationen verlassen, wenn das Verhalten anderer unklar wird
  • Einladungen Unbekannter nicht folgen
  • Wertgegenstände nicht öffentlich zeigen, möglichst geringe Werte mit sich führen
  • Einsame Strände etc. meiden
  • Nur offzielle Taxis nutzen
  • Keine Nachtfahrten, nicht alleine reisen
  • Autotüren verriegeln, Fenster schließen
  • Besondere Aufmerksamkeit an Ampelm
  • Parken nur an sicheren Plätzen, also bmindestens beleuchet, besser bewacht oder umzäunt
  • Keine Fremden im Auto mitnehmen

Papiere, Geld, Schlüssel und Dauermedikamente müssen auch nach einem Diebstahl oder Raub verfügbar sein. Entweder man wird als Person außerhalb des Fahrzeugs bestohlen, dann sollte im Wagen Ersatz dafür bereit liegen. Oder der Wagen wird gestohlen – dann darf darin nichts einfach zu finden sein, was den Schaden noch deutlich vergrößert.

Person 1 Person 2 Wagen (Notfallschließfach)
Pass 1 Person 1 Pass 1 Person 2 Farbfotokopie Pass 1 Person 1&2
Pass 2 Person 2 Pass 2 Person 1 Farbfotokopie Pass 2 Person 1&2
Bar Euro & USD Bar Euro & USD 100 Euro & 100 USD bar
Kreditkarte 1 Kreditkarte 2 Kreditkarte 3
Schlüsselsatz 1 Schlüsselsatz 2 Schlüsselsatz 3
Smartphone 1 Smartphone 2 Datenstick (verschlüsselt)
Daten in der Cloud
1)
Cord Balthasar | Thorsten Wiese : Warum Kugelschreiber tödlicher sind als Blitze. Verblüffende Statistiken über die Gefahren und Risiken unseres Lebens. Softcover, 192 Seiten Mai 2014 EAN: 9783868834208
2)
WHO »Global status report on road safety«
3)
WHO: Injuries and violence: the facts. 2010 ISBN 978 92 4 159937 5
4)
South African Police Service crime stats 2018
wiki/sicherheit_bei_reisen_in_afrika.txt · Zuletzt geändert: 2024/07/03 03:53 von norbert

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