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Weg

Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg.

Diese Redewendung ist weder deutsch noch sehr alt, sondern erscheint zuerst im Englischen 1822 als »Where there is a will, there is a way« 1) und zeigt die Bedeutungsvielfalt des Wortes an, angelehnt an den Duden als:

  • sichtbarer Weg durch ein Gelände oder eine Landschaft, befestigt oder nicht, mehr oder weniger deutlich verlaufend, kann sich verzweigen in ein Wegbündel, oft ohne eindeutigen Anfang oder Ende, daher Orientierung erfordernd;
  • Richtung auf ein bestimmtes Ziel hin;
  • Länge einer Strecke zu einem bestimmten Ziel hin;
  • Art und Weise eine Lösung für ein Problem zu finden;
  • jede Art von Gang oder Fahrt
  • Aufbruch zu einem unbestimmten Ziel: sich auf den Weg machen
  • als Adverb: fort von etwas: ich bin dann mal weg
  • als Verb: sich bewegen

Der Weg setzt eine Bahn voraus und ist im Unterschied zu dieser durch Markierungen gekennzeichnet. Das Sich-Fortbewegen des Menschen folgt oft Spuren und hinterlässt solche immer. Diesen Spuren folgen wieder andere und wenn die Idee dieser Spur überzeugt, wird sie zum Weg Vieler:
“Perhaps no other word in any language, living or dead, has, despite geographical and cultural circumstances, such a multifarious meaning in the sense ‘connection from one place to another’ as the word “way” or “road” does.” (Dockalová 2011)

Alle diese Begriffe haben eine spezifische, konkrete Bedeutung. Gemeinsam ist ihnen eine abstrakte `begehbare Verbindung zwischen zwei Räumen/Orten´ - sie erschließen den Raum. Wer immer wieder demselben Weg geht, folgt einer Routine zwischen zwei Orten. Wer jedoch neue Wege geht, weiß nicht, wo er ankommen wird.
Wege verbinden Räume: den vertrauten Raum mit dem fremden, den bekannten mt dem unbekannten, das Alte mit dem Neuen, hüben und drüben, drinnen und draußen 2), diesseits und jenseits 3) und benutzen Übergänge (Furten, Brücken, Kreuzwege, Pässe). Weil es dafür keinen Oberbegriff gibt, wird hier `Weg´ als Oberbegriff verwendet.
Wege erschließen aber auch die Zeit. Nah ist, was zwischen morgens und abends erreichbar ist.Wege in die Ferne erfordern ein Itinerar und eine Routenplanung.

  • Odon, Vallet
    Le routard et la routine
    Les cahiers de médiologie, 1996.2 p. 33-35. Online
  • Wege, Sophia
    The way we think. Raumkohärenzbildung am Beispiel des Weg-Schemas.
    Eine kognitionslinguistische Perspektive
    .
    In: Die biologisch-kognitiven Grundlagen narrativer Motivierung. Leiden 2016: Brill | mentis. Online
  • Ziessow, Karl-Heinz (Hg.)
    Auf Achse. Mobilität im ländlichen Raum.
    Katalog zur Ausstellung im Museumsdorf Cloppenburg. Materialien und Studien zur Alltagsgeschichte und Volkskultur Niedersachsens, Heft 29, 176 S., Niedersächsisches Freilichtmuseum Cloppenburg 1998. Darin u.a.:
    • Ziessow, Karl-Heinz (Hg.)
      Durch eine der plattesten und meilenlange Ebene fortgeschleppt.
      Raumerfahrungen auf ländlichen Wegen vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert.
      in: Ders. (Hg.), Auf Achse, S. 37-86.
  • Deutschbein, Max
    Die Bedeutungsentwicklung von road bei Shakespeare.
    Anglia, 59 (1935) 368-375 (Jahresband ). DOI
    Der Begriff road (aus rād, german. rīdan) im Sinne von Landstraße erscheint erstmals überhaupt 1597 bei Shakespeare, während zuvor way im selben Sinne genutzt wurde. Der Beitrag bezieht sich u.a. auf:
    • Robert Percy Dow
      Origin of 'Road' Called Very Old; It Is Considered One Of Most Ancient of Aryan Words.
      New York Times 30.09.1934; Section Week, S. 5
    • Hughes de Blacam
      The Road.
      (London) Times literary supplement 30.08.1934, S. 589
  • Im Altenglischen werden unterschieden: brygcs, fords, herepaths, paths, straets, wegs
    • Jennifer Ellen MacDonald
      Travel and the Communications Network in Late Saxon Wessex: a Review of the Evidence
      321 S. 60 Abb./Karten. Place-names S. 247–255, Bibliogr. 256– Diss. University of York 2001

Räume verbinden

Spur, Fährte & Pfad

Selbst im bush und in der von Menschen unberührten Wildnis hinterlassen Tiere Spuren, die bei wiederholter Nutzung, also regelmäßigen Wildwechsel („Hasenweg“), zum Trampelpfad werden. Pfade entstehen, weil auch das Wild die Anstrengung meidet immer neue Pfade durch den Busch zu bahnen. Die afrikanischen Elefantenpfade (niederländisch Olifantspaadje) sind mindestens zwei Meter breit und ersparen den durch die Wildnis Reisenden manche Mühe. Spuren (Zeichen) und Pfade (Objekt und Zeichen) existieren ohne den Menschen.

Die Spur wird zur Fährte, wenn die Zeichen eine Bedeutung erhalten, etwa: Hier ist ein Reh von dort gekommen und nach dort gegangen. Der Fährte folgend, zeigt diese nun den Weg an, weil ihr ein Wert zugemessen wurde, etwa das Reh zu erbeuten. Die Fährte ist menschengedacht weil interessegeleitet, doch folgen alle Predatoren Fährten.

Auch der Pfad eines Wildwechsels kann zum Weg werden, wenn ihm ein Wert zugemessen wird, etwa weil der Pfad (als Zeichen) zur Wasserstelle führt oder weil der Pfad (als Objekt) bequemer ist als sich einen neuen Weg durchs Unterholz zu bahnen.

deutsch english français nederlands latina
Spur trace trace spoor vestigium
Fährte track piste
Pfad pathway sentier pad iter
Landschaft landscape paysage landscap regio(nis)
Busch bush bois bos
Wildnis wilderness région sauvage wildernis desertum

Bahn & Route

Wo noch niemand gegangen ist, bricht sich der Mensch Bahn im Gelände, durch den Busch oder spurt durch den Tiefschnee, einen allerersten Pfad hinterlassend. Damit ist den Nachkommenden gleich mehrfach gedient:

  • der Boden ist gebahnt, der Platz wird gegen die Widerstände des Geländes gewaltsam geräumt und damit wird die Fortbewegung erleichtert (Autobahn, Eisenbahn);
  • die Richtung ist vorgegeben und
  • damit wird auch die Wegfindung und Orientierung erleichtert.

Das englische `road´ und die französische `route´ entstanden bedeutungsgleich aus vulgärlateinischem (via) rupta ‘durch den Wald geschlagener Weg’ zur lateinischen Grundform rumpere ‘(zer)brechen, zerreißen, zersprengen´. Ob mit der Machete durch den Dschungel oder Felsen sprengen für Eisenbahntrassen - die Idee ist seit Urzeiten dieselbe und gute Ideen werden noch heute `bahnbrechend´ genannt.

Erstmals großtechnisch, großräumig und imperial umgesetzt wurde diese Vorstellung 312 v. Chr. beim Bau der schnurgeraden Straße von Rom nach Capua, die nach dem Auftraggeber Appius Claudius Caecus seit nunmehr fast 2.500 Jahren Via Appia heißt. Was im Weg war, wurde gebrochen und geräumt, auch im politischen Sinne (Doßman 2005):

  • die Via Appia führte mit ihrer Verlängerung, der Via Egeria bis Byzanz in den damals griechischen Osten;
  • die Via Valeria lief Richtung Afrika;
  • die Via Aurelia erreichte Spanien;
  • die Via Francigena (frühere Via Cassia) führte bis Edinburgh.
1)
Woher stammt die Redewendung »Wo ein Wille ist, (da) ist auch ein Weg«?
Der Sprachdienst 6/2017
Jennifer Speake
The Oxford Dictionary of Proverbs
5. Aufl., Oxford: Oxford University Press, 2008, S. 346
Sandreczki, C
Reise nach Mosul und durch Kurdistan nach Urumia
unternommen im Auftrage der Church Missionary Society in London 1850
In brieflichen Mittheilungen aus dem Tagebuche. Steinkopf, 1857, Zweiter Teil S. 45, Fussnote
2)
Wege in Siedlungen werden meist anders bezeichnet als Wege außerhalb.
3)
der Weg als Metapher
playground/weg.txt · Zuletzt geändert: 2025/03/10 13:52 von norbert

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